Dilemma
Manchmal gibt es so Situationen, über die ich im Nachhinein stundenlang nachdenken kann, obwohl sie eigentlich total trivial sind. Letzte Woche zum Beispiel: An einer Kreuzung in der Nähe wurden von der Polizei Kontrollen durchgeführt, hauptsächlich für die Fahrradfahrer. Dazu muss man wissen, das kurz vor der Kreuzung sich die Straße durch eine Mittelinsel verengt und der aufgezeichnete Fahrradweg auf der Straße aufhört. Die Fahrradfahrer werden somit an dieser Engstelle zu einem Hindernis, weil eigentlich zu wenig Platz ist, sie zu überholen, was aber einige Autofahrer nicht abschreckt. Deshalb, und weil es einfach ist, an der Kreuzung dann auf den Fahrradweg der Hauptstraße zu wechseln, ohne an der Ampel warten zu müssen, wechseln viele Radfahrer vor der Einengung auf den Fußgängerweg. Die Polizei hat nun diese natürlich angehalten, weil ja Radfahren auf dem Fußgängerweg nicht gestattet ist. Ich kam also am Geschehen vorbei, wunderte kurz mich, dass die Radfahrer tatsächlich mit den Polizisten diskutieren („Kümmern Sie sich lieber um die bösen Autofahrer!“, „Haben Sie nichts Besseres zu tun?“, „Wegen so etwas soll ich nun etwa eine Strafe zahlen?“ – Merke: Wenn Dich die Polizei anhält und Du nicht hundertzehn Prozent überzeugt bist, dass Du im Recht bist, diskutiere bloß nicht. Lieber reumütig die Schuld eingestehen und auf eine Verwarnung hoffen, als sich mit denen anzulegen.) und ging weiter. Ich sah von weitem schon, dass ein weiterer Radfahrer auf den Fußweg wechselte. Ich versuchte ihm also Zeichen zu machen, dass er doch absteigen sollte, was er erst einmal komplett ignorierte. Im Nachhinein bilde ich mir sogar ein, dass er anfing, grimmig zu gucken und Kurs auf mich nahm (was ich mir wahrscheinlich aber eher komplett eingebildet habe). Erst als er auf meiner Höhe war, rief ich ihm zu: „Achtung, Polizei, absteigen!“. Ein kurzer Blick nach vorne zeigte ihm, dass ich wohl die Wahrheit sage und so steig er schnell ab, um seelenruhig das Fahrrad bis zur Kreuzung zu schieben. Durch die Autos konnte ich leider nicht genau hören, ob er mir nun ein „Danke!“ zurief oder mich komplett ignorierte.
Und das genau ist mein Dilemma: Auf der einen Seite ist mir schon als Kind beigebracht worden, dass man andere Verkehrsteilnehmer warnt: Vor Blitzern, Kontrollen und eigentlich allem, wo jemand von der Polizei angehalten werden könnte. Wahrscheinlich ist das die Rache des kleinen Mannes, der der Obrigkeit mal eins auswischen will, vielleicht auch die nette Geste, weil man hofft, selber mal gewarnt zu werden. Aber im Nachhinein habe ich mich geärgert, weil dieser Fahrradfahrer (Typ Allwetterjacke, natürlich mit Helm und Rucksack) weder auf meine Gesten reagiert hat (Ob die wohl irgendjemand hätte richtig interpretieren können?) und mir anschließen noch nicht einmal gedankt hat (Eine kleine Umarmung hätte ja schon genügt.). Wird er wirklich mich beim nächsten Mal warnen? Oder mich irgendwann vom Fußweg klingeln, weil ich in seinen Augen auf der falschen Seite gehe?
Wie gesagt: Komplett trivial, es lohnt sich nicht, darüber nachzudenken, aber es so etwas lässt mich nun mal nicht los.
doesbaddel am 13. Mai 18
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