Samstag, 25. März 2006
Neues aus dem Rechtswesen
Wie soeben bekannt wurde, hat das Bundeskabinett heute eine Reihe von neuen Gesetzesvorhaben auf den Weg gebracht, die zum 1. Januar 2010 in Kraft treten sollen. Dazu gehört unter anderem die gesetzliche Verankerung von Pauschalabgaben auf eine Reihe von Gegenständen des täglichen Bedarfes. So müssen ab dem nächsten Jahr auf Hämmer und Schraubenzieher bei Kauf eine zusätzliche Abgabe von 5,45 Euro entrichtet werden. Begründet wird die Abgabe mit der Möglichkeit, dass diese Werkzeuge zu Einbrüchen genutzt werden können. Die Abgaben werden direkt den Versicherungsgesellschaften als direkte Leidtragende zugestellt. Ein Sprecher des Versicherungsverbandes begrüßte diese Maßnahme, verwies aber gleichzeitig auf die neueste Erhebung, nach der auch Pflastersteine und Bohrmaschinen den Einbruch in Deutschland erheblich Vorschub leisten würden. Auch die Registrierungspflicht, die der Sprecher im Namen des Verbandes forderte, um so potentielle Straftäter schneller zu identifizieren, sei bereits in einem weiteren Korb der Gesetzesnovelle verankert. Um den Verwaltungsaufwand gering zu halten, werden die Daten direkt von den Versicherungesellschaften verarbeitet, wie es eine EU-Vorschrift vorsieht.
Des weiteren sollen auch auf Äpfel und Birnen jeweils 27 Cent zusätzlich erhoben werden. Diese Entscheidung geht auf eine Initiative der Pharmaindustrie zurück, die glaubhaft machen konnte, dass durch den Genuss von diesem Obst dieser jährlich ein Schaden in Milliardenhöhe entstünde. Mit dem zustehenden Geld will die Industrie 500 der eigentlich 2700 abzubauenden Arbeitsplätze retten, wenn es noch Zugeständnisse der Arbeitnehmer gibt.
Soeben erreicht uns noch diese Meldung: In Berlin hat nun endgültig das letzte Plattenlabel seinen Standort geschlossen. Nachdem die Verbraucher in den letzten Jahren immer weniger Musik der von den Labeln herausgegebenen Künstler gekauft haben, ist das Geschäft zuletzt nicht mehr rentabel gewesen. In einer Pressemittelung verwies die Geschäftsführung auf die immer noch gigantische Zahl an Urheberechtsverletzungen. Dass in diesem Jahr über die Webseiten der unabhängigen Künstler soviel CDs und Musik-Downloads 13 % mehr verkauft wurde als letztes Jahr und sich der Trend damit im dritten Jahr in folge fortsetzt, verwies die Geschäftsführung in das Reich der Legenden. Mit der Schließung verlieren 150 Mitarbeiter in ganz Deutschland ihre Arbeit. Betroffen sind indirekt auch 250 Arbeitsplätze in verschiedenen Anwaltskanzleien sowie 50 in der Lobbybewegung.



Sonntag, 13. März 2005
Was die Zukunft so bringt
Herr Lachmann hat einen sehr interessanten Artikel über die technische Neugier (oder das, was davon übrig ist) unserer Jugend beziehungsweise über deren Umgang mit Musik verfasst. Leider kann ich ihm da nur zustimmen. Mehr noch, ich fürchte, daß es noch schlimmer kommen könnte.
Tatsächlich ist es so, daß es für uns (damit meine ich die, die ihre ersten Musikerfahrungen zumindest noch mit Kassetten gemacht haben) normal ist, Musik zu kaufen, um sie dann überall dorthin mitzunehmen, wohin mal will. Ja mehr noch, man kann die Musik später auch verleihen oder bei Nichtgefallen wieder verkaufen. Und wenn wir mal kein Geld hatten, konnte man diese Musik von einem anderen ausleihen, um sie zu kopieren. Nur wenige haben darüber nachgedacht, ob das wohl auch legal wäre (was es ja war). Und natürlich hat man sich auch später CDs gekauft, boten diese doch erhebliche Vorteile gegenüber den kratzempfindlichen Analog-Platten oder den spuhlintensiven Analog-Kassetten.
Dann aber wurden die bespielbaren CDs und später noch die Tauschbörsen erfunden und das empfindliche Gleichgewicht, welches aus Kopieren, aber auch kaufen bestand, schien aus den Fugen zu geraten - jedenfalls laut Musikindustrie. Tatsächlich gab es einen Einbruch in den Verkäufen, was natürlich nur was mit den bösen Raubkopieren zu tun hatte und nicht mit dem rein zufällig gleichzeitig stattfindenden Wirtschaftsflaute.
Also flugs ein neues Feinbild aufgebaut und erst einmal schwere Geschütze auffahren. Da paßte es natürlich gar nicht in das Bild, daß Apple plötzlich Erfolg mit etwas hatte, was nicht funktionieren durfte. Aber die Musikindustrie wäre nicht sie selber, wenn sie diese Idee nicht aufgreifen und entsprechend versauen würde. Einfach noch mehr Geld pro Song nehmen und dem Benutzer noch weniger Rechte geben.
Aber oh Wunder - es scheint Menschen geben, die wirklich dafür Geld ausgeben. Warum auch nicht, schließlich bekommt man für noch mehr Geld noch weniger, was Jamba & Co. eindrucksvoll beweisen. Warum die Leute das machen, ist mir schleierhaft, aber sie haben bestimmt ihre Gründe.
Natürlich wird das der Musikindustrie immer noch nicht reichen. Schließlich kann man ja immer noch CDs kopieren und momentan finden sich immer noch Möglichkeiten, die DRMs zu umgehen (zur Not über den Analog-Ausgang). Und so werden unsere Kinder vielleicht einmal gar nicht mehr einzelne Songs kaufen. Sie werden das Recht kaufen, einen Song eine bestimmte Anzahl von Malen zu hören. Also schnell vor der Party noch sein Konto der Lieblingssongs auffüllen, um den Abend dann nicht plötzlich ohne Musik dazustehen. Brauch man ja aber gar nicht, schließlich ist man ja immer und überall online und spielt das Lied ab, wann man will. Die Rechnung kommt dann am Monatsende mit der Telephonrechnung.
Und genau diesen Kindern werden wir von damals vom Krieg vom letzten Jahrtausend erzählen. Dann werden wir den alten Kassettenrecorder herausholen und aus den Digitalboxen ein Lied mitschneiden, nur um ihnen zu zeigen, daß man Musik auch mehrfach hören kann, ohne jedesmal zu bezahlen.
Vielleicht wird das auch nicht so passieren. Vielleicht werden sich irgendwann die Leute dagegen auflehnen, auf die Straße gehen und kämpfen. Kämpfen für einen freien unmittelbaren Zugang zu Musik und anderer Kultur. Kämpfen für die Selbstbestimmung über ihre persönlichen Daten, gegen die Kontrolle durch allgegenwärtige aber immer unscheinbar werdende Mechanismen wie RFID und für mehr Transparenz in den Datenflüssen der Industrie und Behörden. Sie werden kämpfen, wie sie heute gekämpft haben gegen die Reformen, die ihnen der Staat zu ihrem Glück auferlegt.



Freitag, 13. Februar 2004
Amerika
In der Schulzeit war Amiland (womit natürlich die USA gemeint waren) das gelobte Land. Jeder wollte dahin und stellte sich vor, daß es dort alles fast umsonst gäbe, wofür man hier viel Geld zahlen müßte: Markenklamotten, CDs, Technik, usw. Später in der Oberstufe, als die Leute zurückkamen, die ein Jahr in den Staaten als Sprachschüler gelebt hatten, zurückkamen, wurden diese natürlich von allen bewundert. Sie benahmen sich anders, hatten coole Klamotten an, meist einen Führerschein (mit 17!) und viel erlebt. Sie kannten Spielfilme, die erst Monate später bei uns kamen (das war damals noch so!), Fernsehserien, die keiner kannte, Sportarten, deren Regeln sich mir teilweise bis heute nicht erschließen und bei fast allem, was dann bei uns irgendwann trendy wurde, sagten sie: "Ach, das hatten wir drüben schon lange, das ist da schon wieder out." Außerdem sprachen sie ganz anders. Ihre Betonung erinnerte eher an ein Singen und immer wieder schlichen sich (natürlich "ganz aus Versehen") englische Worte ein, weil sie ja nur noch englisch konnten. Gut, es soll ein paar Querulanten gegeben haben, die die Wiederkehrer als "Angeber" bezeichnet haben, aber irgendwer ist ja immer neidisch.
Zum Abitur hin, wo die Berufswünsche konkreter wurden, war es natürlich ausgemacht, daß man in die USA auswandern wollte. Zumindest wollte man dort studieren. Also wenigstens ein Praktikum wollte man da machen. Gut, ein Urlaub würde es auch erst einmal tun. Also bin ich nach den bestandenen Prüfungen nach Florida gefahren. Meine Begeisterung hielt sich danach in Grenzen. Die Leute waren zwar freundlicher, aber oberflächlicher, das Einkaufen war auch nicht so billig, einhundert Kanäle im Fernsehen nutzen nichts, wenn auf 99 nichts ordentliches kommt (eine Erfahrung, die ich erst so richtig verstand, als ich den ersten Kabelanschluß bekam) und immer nur Fastfood war noch nie was für mich.
Politisch bin ich ja ein Vorwendekind, was Amerika immer als großen Beschützer empfunden hat. Zwar war ich auch gegen den zweiten Golfkrieg und habe in der Schule Plakate aufgehängt, aber damals waren das ja noch alle Staaten zusammen, die da mitmischten. Ansonsten gab es für mich Amerika (die Guten) und die Sowjetunion (die Bösen).
Erst in den letzten Jahren habe ich für mich erkannt, daß die USA nicht nur nicht das gelobte Land sind, sondern auch weit entfernt davon, das freieste der Welt zu sein. Es begann damit, daß ich mich über die McCarthy-Ära informiert habe. Dann Martin Luther King, die Indianer und ihre Vertreibung in die Reservationen und den Vietnam-Krieg. Immer mehr komme ich ins Zweifeln, ob man dort nicht nur so lange frei leben kann, solange man weiß, gläubig, wohlhabend und kapitalistisch ist. Hört sich jetzt ein wenig übertrieben an, ich weiß. Aber wirklich Wut kam in mir auf, als ich gestern einen Bericht über US-Bürger japanischer Herkunft sah. Als Pearl Harbour angegriffen wurde, wurden anschließend alle Einwohner, die japanischer Herkunft waren (auch wenn sie die amerikanische Staatsbürgerschaft hatten), gezwungen, in Lager umzusiedeln. Selbst die Betroffenen möchten diese nicht mit KZs verwechselt wissen, da dort keine Massentötungen vorgenommen wurden, aber trotzdem waren es eine Art Gefangenenlager. Diese Lager verstießen natürlich ebenso wie Guantanamo gegen die Verfassung, wurden aber trotzdem im Land errichtet (schließlich war Krieg). Einige Kongressabgeordneten wollten dieses nach dem 11. September 2001 auch mit allen arabischstämmigen US-Bürgern machen.
Wie kann ein Land nur eine solche Arroganz und Intoleranz besitzen? Mit welchem Rechtsbewußtsein geht man da vor? Für mich ist es auch schwierig, Amerika nicht als Person zu sehen, denn die Handlungsweisen ähneln sich über die Geschichte dieses Landes sehr. Aber natürlich weiß ich, daß es nicht immer dieselben Leute gewesen sind. Und bevor hier jemand schreit: Nein, ich habe nichts gegen die USA an sich, ich werde auch weiterhin zu McDonalds gehen (wenn auch nur selten), würde jedem Amerikaner sofort eine Pizza verkaufen, gucke mir auch bestimmt mal wieder den SuperBowl an und vielleicht mache ich dort sogar mal wieder Urlaub. Aber im Moment glaube ich kaum, daß ich in solch einem Land wirklich leben möchte.



Dienstag, 20. Januar 2004
End of discussion
Tut mir leid, wenn das jemand jetzt falsch versteht, aber wenn sich jemand so verhält, dann kann ich das nicht gutheißen. Daß Herr Mazel die Kunstinstallation im Historischen Museum in Stockholm als "Ungeheuerlichkeit" empfand und als Angriff auf den Staat, dessen Botschafter er ist, sei ihm überlassen. Wenn er dann aber das Kunstwerk (welches von einem Israeli entworfen wurde) in einer Art Tobsuchtsanfall demoliert, ist das kein wirkliches Zeichen von diplomatischem Geschick. Und wenn dann auch noch Herr Sharon dem Botschafter für seine Tat gratuliert, spricht das aus meinem Blickwinkel aus gesehen Bände. Ich würde erwarten, daß ein deutscher Botschafter von mir aus gerne Kritik äußert oder demonstrativ den Ort verläßt, wo ein Kunstwerk ausgestellt wird, welches die Deutschen in irgendeiner Weise beleidigt. Genauso würde ich auch erwarten, daß Herr Schröder einen Botschafter sofort abberuft, wenn dieser in das Kunstwerk dann mutwillig zerstören würde.